Erste Ergebnisse zur Genomik, Evolution und Anpassung von Wiederkäuern in Science publiziert
(21.06.2019) In der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift Science werden erste Ergebnisse des Ruminant Genome Project (RGP) vorgestellt. Faysal Bibi, Forscher am Museum für Naturkunde Berlin, war Mitautor einer der drei Artikel.
Die Ergebnisse reichen von der Erklärung, wie Hirschgeweihe krebsassoziierte Signalwege zur Regeneration nutzen, bis hin zur Information über genetische Anpassungen von Rentieren, die diesen halfen in der Arktis zu überleben. Die Arbeit bietet einen beispiellosen Einblick in die Genomik, Evolution und Anpassung von Wiederkäuern.
Bei den Wiederkäuern handelt es sich um sehr erfolgreiche und vielfältige Säugetiere mit erheblicher landwirtschaftlicher und biomedizinischer Bedeutung, zu der auch viele bekannte einheimische und wilde Arten wie Kühe, Ziegen, Rentiere und Giraffen gehören.
Obwohl Wiederkäuer an den meisten Orten vorkommen, sind evolutionärer Ursprung, Diversifizierung sowie die Genetik, die ihren einzigartigen Eigenschaften zugrunde liegen, relativ unbekannt.
Um die Genetik von Wiederkäuern besser aufzulösen, haben Lei Chen von der Northwestern Polytechnical University, Xi'an, China, und Kollegen die Genome von 44 Wiederkäuerarten aus allen sechs Wiederkäuerfamilien zusammengestellt - ein Datensatz, der mehr als 40 Billionen Basenpaare umfasst.
Chen et al. nutzten diese und andere Wiederkäuergenome dann, um einen zeitkalibrierten phylogenetischen Stammbaum der Gruppe zu erstellen, der die Evolutionsgeschichte vieler Wiederkäuergattungen darstellt. Interessanterweise zeigten die Ergebnisse einen starken Rückgang der Wiederkäuerpopulationen vor fast 100.000 Jahren. Dies fällt mit der Migration des Menschen aus Afrika zusammen und ist ein Beweis für die Auswirkungen der frühen Menschen auf verschiedene Wiederkäuerarten, so die Autoren.
Faysal Bibi, Paläontologe am Museum für Naturkunde Berlin, war Mitautor eines der Artikel. Er lieferte Informationen aus der Fossilienaufzeichnung für die Alterskalibrierung der Wiederkäuerphylogenie und trug zur evolutionären Interpretation der Daten bei. "Es war schockierend zu sehen, wie die Population bei fast allen sequenzierten Arten abnimmt", sagt Bibi.
"Wir wussten bereits, dass viele große Pflanzenfresser im späten Pleistozän ausstarben, aber diese Daten zeigen, dass auch viele überlebende Arten in den letzten 100.000 Jahren fast ausgerottet wurden. Wir haben noch keine guten Beweise dafür gefunden, dass die letzten 100.000 Jahre klimatisch anders waren als frühere Eiszeiten. Damit bleibt der menschliche Faktor, aber für einen sicheren Nachweis ist noch mehr Forschungsarbeit notwendig."