Genetische Isolation macht Orang-Utans anfällig auf Umweltveränderungen

(24.11.2010) Die Orang-Utan-Populationen Borneos sind sehr jung. Sie stammen von einer kleinen Gruppe Vorfahren ab, die vor rund 176000 Jahren gelebt hat.

Wildlebendes Orang-Utan Männchen auf Borneo; Bildquelle: Mure Wipfli
Wildlebendes Orang-Utan Männchen auf Borneo
Wie ein internationales Forschungsteam um den Anthropologen Michael Krützen von der Universität Zürich nachweisen konnten, sind die verschiedenen Populationen trotz ihres rezenten Alters genetisch stark voneinander isoliert.

Dadurch sind diese grossen Menschenaffen extrem anfällig auf Umweltveränderungen. Denn das genetische Potential, sich diesen Veränderungen anzupassen, ist in den jeweiligen Populationen limitiert.

Orang-Utans gehören zu den nächsten Verwandten des Menschen und zählen zu den stark gefährdeten Arten. Eine grosse Gefahr für die Orang-Utan-Bestände auf Borneo, der drittgrössten Insel der Welt, ist die Zerstörung des Lebensraums durch die Gewinnung von Palmöl und Tropenhölzern. Heftig umstritten unter Experten sind die Entstehungsgeschichte der Orang-Utans sowie Fragen zur Stabilität der Populationen.

Jetzt kann ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Anthropologen der Universität Zürich in ihrer eben in den Proceedings of the National Academy of Science erschienen Studie erstmals nachweisen, dass die Orang-Utan-Populationen auf Borneo sehr jung sind.

An der Universität Zürich wurden die genetischen Daten praktisch aller auf Borneo aktiven Forschungsstationen ausgewertet. Es handelt sich dabei um die ausführlichste und umfangreichste je durchgeführte genetische Analyse an wildlebenden Orang-Utans. Die so gewonnen genetischen Daten stellen die bisher gültige Taxonomie, die zur Hauptsache auf morphologischen Merkmalen beruhte, in Frage.

«Trotz ihres rezenten Alters unterscheiden sich die verschiedenen Orang-Utan-Populationen Borneos genetisch sehr stark voneinander», fasst Natasha Arora, Hauptautorin des Artikels und Doktorandin am Anthropologischen Institut, die neuen Erkenntnisse zusammen. Verantwortlich dafür sind unter anderem die starke Tendenz der Weibchen, ihr Leben in den Regionen zu verbringen, in denen sie geboren wurden, sowie die vielen für die grossen Menschenaffen untraversierbaren Flüsse.

Durch ihre begrenzte geographische Verbreitung und die relativ starke genetische Isolation voneinander sind die Orang-Utan-Populationen Borneos extrem anfällig gegenüber Umwelteinflüssen wie Klimawandel und anderen durch Menschen verursachte Bedrohungen wie die Zerstörung des Lebensraums.

«Die neuen Ergebnisse werden für die Erhaltung der Orang-Utans als Art sehr wichtig sein», erläutert Michael Krützen die Bedeutung der Forschungsresultate.

Literatur:

Natasha Arora, Alexander Nater, Carel P. van Schaik, Erik P. Willems, Maria A. van Noordwijk, Benoit Goossens, Nadja Morf, Meredith Bastian, Cheryl Knott, Helen Morrogh-Bernard, Noko Kuze, Tomoko Kanamori, Joko Pamungkas, Dyah Perwitasari-Farajallah, Ernst Verschoor, Kristin Warren, and Michael Krützen:
The effects of Pleistocene glaciations and rivers on the population structure of Bornean orangutans (Pongo pygmaeus). Proceedings of the National Academy of Sciences. DOI: 10.1073/pnas.1010169107

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