Wie Fledermäuse verschiedene Hörereignisse gleichzeitig auswerten

(30.04.2018) Fledermäuse können nicht nur die Information der Echos ihrer Ultraschalllaute zur Beutesuche nutzen, sondern gleichzeitig auch akustische Signale, die von der Beute selbst ausgehen.

Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen zeigen in einer neuen Studie, dass Große Hufeisennasen solche kombinierten Hörereignisse nutzen, um die begrenzte Reichweite der Echoortungslaute deutlich zu vergrößern.

Fledermäuse sind bei der nächtlichen Jagd auf ihre Echoortung angewiesen. Sie nutzen sie zur Orientierung im Raum und oft auch zur Beutesuche.


Große Hufeisennasen sind auf den Fang flatternder Insekten spezialisiert.

So auch die Große Hufeisennase, die spezialisiert ist auf die Jagd von fliegenden Insekten in dichter Vegetation. Sie stößt dazu ununterbrochen Echoortungslaute aus, die aus einem langen Ruf einer bestimmten Frequenz bestehen.

Trifft der Laut auf ein flatterndes Insekt, bekommt das lange Echo durch die Auf- und Abbewegungen der schlagenden Flügel rhythmische Muster, anhand derer die Fledermaus ihre Beute wahrnehmen können.

Dieses hoch spezialisierte Echoortungssystem ist jedoch beides, räumlich und zeitlich deutlich eingeschränkt: Die stroboskopartigen Ultraschallrufe zielen eng in eine Richtung und werden von der Atmosphäre schnell abgeschwächt.

Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen haben nun herausgefunden, dass die Tiere zunächst auf Geräusche der Beute oder der Umgebung lauschen, um dann die Aufmerksamkeit mit eigenen Lauten in die entsprechende Richtung zu lenken.

Große Hufeisennasen sind also in der Lage, mehrere Hörereignisse gleichzeitig zu verarbeiten und für die Beutesuche ebenso zu nutzen wie zur Erkennung von Fressfeinden.

Für die Studie konstruierten die Wissenschaftler in einem Flugraum eine Anordnung von acht Mikrophonen in definierten Abständen zu einer Hängewarte der Fledermäuse, mit denen sie die Richtung der Echoortungslaute bestimmen konnten.

Dazu kamen drei Lautsprecher, aus denen den Tieren Raschelgeräusche von Nachtfaltern vorgespielt wurden, die ihre Flügel bewegten und dabei über trockene Blätter liefen.

Die Fledermäuse reagierten auf diese von einer vermeintlichen Beute ausgehenden Geräusche, in dem sie ihre Echoortungslaute aktiv in deren Richtung richteten und lauter riefen.

Neben den echten spielten die Wissenschaftler den Fledermäusen auch am Computer veränderte Raschelgeräusche vor. „Entgegen unserer Vermutung reagierten die Fledermäuse auch auf Geräusche, die offensichtlich keine Beute darstellten“, sagt Ella Lattenkamp, Erstautorin der Studie.

„Sie reagierten also auch auf andere Umweltgeräusche in ihrer Nähe, wahrscheinlich um zu prüfen, ob diese von einem Fressfeind ausgehen“.

Das passive Hören der von einer Beute ausgehenden Geräusche ist die entwicklungsgeschichtlich ältere Methode der Jagd.

„Wir vermuten, dass das passive Hören von Beute die Evolution des spezialisierten Echoortungssystems unterstützt hat, und auch noch immer dessen Einschränkungen kompensieren kann“, sagt Holger Goerlitz, Forschungsgruppenleiter in Seewiesen.

Wie diese gleichzeitigen Hörereignisse neuronal verarbeitet werden, wäre nun eine weitere spannende Studie, um mehr über die Evolution sensorischer Systeme zu verstehen.


Weitere Meldungen

Vetmeduni Vienna

Spezielle Magnetresonanztomographie zeigt, was Frösche hören

Eine aktuelle internationale Studie der Vetmeduni Vienna zeigt, dass die Bildgebungsmethode MEMRI (Mangan-verstärkte Magnetresonanztomographie) einen leistungsstarken Ansatz zur Untersuchung der Gehirnaktivität bei Fröschen bietet
Weiterlesen

Krokodile nutzen neuronale Karten, um die Richtung einer Schallquelle zu orten.; Bildquelle: Ruth M. Elsey/Rockefeller Wildlife Refuge in Louisiana

Krokodile benutzen genau wie Vögel neuronale Karten, um die Richtung von Geräuschen zu orten.

Das haben Dr. Lutz Kettler von der Technischen Universität München (TUM) und Prof. Catherine Carr von der University of Maryland in einer neuen Studie herausgefunden
Weiterlesen

Mehdi Behroozi, Felix Ströckens und Xavier Helluy (von links) konnten zum ersten Mal Krokodilgehirne mit Kernspintomografie untersuchen.; Bildquelle: RUB, Marquard

Was passiert im Gehirn eines Krokodils, wenn es komplexe Klänge hört?

Diese Frage konnte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Felix Ströckens vom Lehrstuhl für Biopsychologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beantworten
Weiterlesen

Ein luftgefüllter Kanal verbindet die Ohren der Eidechse im Inneren und ermöglicht ihr das Richtungshören; Bildquelle: Frieder Mugele, Universität Twente

Interne Kopplung der Ohren ermöglicht Tieren das Richtungshören

Menschen nutzen den Zeitunterschied, mit dem ein Schallsignal an beiden Ohren ankommt, zur Richtungsbestimmung. Bei Fröschen, Echsen oder Vögeln ist der Ohrabstand hierfür zu gering
Weiterlesen

Die tropische Laubheuschrecke Mecopoda elongata; Bildquelle: Wolfgang Gessl, Zoologie/Uni Graz

Grazer Zoologen entdecken, wie Nervenzellen von Heuschrecken arteigene Gesänge herausfiltern

Die Schwierigkeit, in lautem Stimmengewirr einem einzelnen Gespräch zu folgen, ist als Cocktail-Party-Problem bekannt. Viele Tiere stehen vor einer ähnlichen Situation. So müssen zum Beispiel Heuschrecken im tropischen Regenwald im Lärm anderer Arten die Gesänge ihrer eigenen Männchen hören
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen