Hunde und Welpen können der Sprechrichtung des Menschen folgen

(09.05.2014) Hunden und Welpen fällt es leicht, kommunikative Hinweise des Menschen richtig zu deuten. So nutzen sie beispielsweise ihre Augen, um der Zeigegeste oder Blickrichtung eines Menschen zu folgen und verstecktes Futter aufzuspüren.

Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben jetzt untersucht, ob Hunden dies auch mit Hörinformationen gelingt.

Dazu ließen sie erwachsene Hunde und Welpen zwischen zwei identischen Schachteln wählen, von denen aber nur eine Futter enthielt. Hinter einer Barriere und für den Hund nicht sichtbar befand sich die Studienleiterin, die in Richtung der Schachtel mit dem Futter blickend verbal ihre Freude zum Ausdruck brachte.

Die meisten Hunde und sozialisierten Welpen konnten die richtige Futterquelle anhand der akustischen Hinweise erfolgreich identifizieren; einige Welpen schnitten sogar besser ab als die erwachsenen Tiere.


Im Experiment wissen die Hunde, dass sich in einer Schachtel etwas zu fressen befindet, aber nicht, in welcher. Sie folgen nun der menschlichen Stimme, um die Nahrung zu finden

Hunde verlassen sich also nicht nur auf visuelle Hinweise, sondern kombinieren verschiedene kommunikative Signale des Menschen miteinander. Diese sozialen Fertigkeiten könnten im Laufe der Domestizierung Teil des genetischen Bauplans von Hunden geworden sein.

Hunde und Welpen sind besonders begabt, kommunikative Hinweise des Menschen zu nutzen, um verstecktes Futter aufzuspüren. Wölfe, die nächsten Verwandten der Hunde, und Schimpansen dagegen können mit diesen Hinweisen wenig anfangen.

Kürzlich haben Wissenschaftler herausgefunden,  dass einjährige Kinder, nicht aber Schimpansen, der Sprechrichtung eines Menschen zu einem versteckten Spielzeug oder einem Stück Futter folgen. In ihrer aktuellen Studie haben Federico Rossano und seine Kollegen vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig erstmals untersucht, ob auch Hunde dazu in der Lage sind.

Der Versuchsaufbau bestand aus einer großen Holzbarriere und zwei identischen Schachteln. Zunächst zeigte die Studienleiterin dem Hund das Futter, schloss dann einen Vorhang, versteckte das Futter in einer der Schachteln und öffnete den Vorhang: Der Hund konnte nun beide Schachteln links und rechts der Barriere vor sich sehen. Die Studienleiterin nahm dann hinter der Barriere Platz, schaute in Richtung der Schachtel mit dem Futter und drückte verbal ihre Freude aus.

Anschließend durfte der Hund eine der beiden Schachteln auswählen. „Die meisten der Hunde folgten der Stimme der Studienleiterin mit Erfolg und fanden das versteckte Futter“, sagt Rossano. „Sie meisterten die Aufgabe ebenso gut wie Kleinkinder, wenn nicht besser.“ In Folge konnten die Forscher ausschließen, dass die Hunde das versteckte Futter mithilfe ihres Geruchssinns aufgespürt hatten.

Im zweiten Teil der Studie standen Welpen im Alter von acht bis 14 Wochen nun vor derselben Aufgabe. Einige dieser Welpen hatten bereits regelmäßig Kontakt mit Menschen gehabt, andere nicht. „Auch die Welpen nutzten die Sprechrichtung des Menschen und fanden die Futterquelle“, sagt Rossano.

„Interessanterweise schnitten die bereits sozialisierten Welpen besser ab als die erwachsenen Hunde. Welpen mit wenig Kontakt zum Menschen wählten hingegen scheinbar zufällig die richtige oder falsche Schachtel.“

Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass Hunde und Welpen verschiedene kommunikative Hinweise des Menschen – oder eine Kombination dieser Hinweise – flexibel nutzen um Futter aufzuspüren. Sobald sie in Kontakt mit Menschen kommen, lernen sie diese Fähigkeit schnell.

„Hunde, die dem Menschen gegenüber besonders aufmerksam waren, wurden möglicherweise als Haustiere bevorzugt“, sagt Rossano. „Diese sozialen Fähigkeiten könnten sich im genetischen Bauplan der Hunde manifestiert haben.“

Publikation

Federico Rossano, Marie Nitzschner, Michael Tomasello
Domestic dogs and puppies can use human voice direction referentially
Proceedings of the Royal Society B, 7 May 2014, http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2013.3201



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