Kalorien spielen keine Rolle bei der Regulierung von Insulin, sondern Lipide

(26.10.2014) Insulin reagiert auf das, was wir essen: Gerade bei Nahrung mit viel Kohlenhydraten steigt der Blutzuckerspiegel an, woraufhin mehr Insulin ausgeschüttet wird.

Eine ganze Kette an Signalen wird dazu aktiviert, die so letztlich Faktoren wie Wachstum, Entwicklung und Lebensdauer eines Organismus an die jeweils verfügbare Nahrungssituation koppeln.


Aufzuchtröhrchen für Fruchtfliegen: Die Lipidklassen in der Nahrung entscheiden, ob in den Tieren der Insulinspiegel hoch- oder runtergefahren wird

Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden haben nun Lipidmoleküle untersucht, die in Fruchtfliegen wichtige Informationen über die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung an das Gehirn senden.

Die Fette regulieren auf diese Weise den Insulinhaushalt. Dabei spielt der Kaloriengehalt der Nahrung keinerlei Rolle, sondern lediglich die genaue Zusammensetzung des Futters: Entscheidend ist, welche Fette darin enthalten sind.

Fruchtfliegen im Labor von Suzanne Eaton leben im 5-Sterne-Hotel: ideale Temperaturen, keine Schwankungen, keine Fressfeinde und immer genügend zu fressen. Das Futter hat die Forscher nun besonders interessiert: Wie wirkt es sich auf die Produktion und Ausschüttung von Insulin aus?

Für die Laborfliegen hieß es: Futtern für die Forschung – sie bekamen verschiedene Futtermischungen vorgesetzt, die kalorisch absolut identisch, aber von unterschiedlicher Herkunft waren und unterschiedliche Fette enthielten. Der erste Futtertyp basierte auf Hefe und enthielt kurzkettige, gesättigte Fettsäuren. Er bewirkte, dass die Insulinproduktion der Fliegen deutlich hochgefahren wurde.

Bekamen die Tiere hingegen den zweiten Futtertyp zu fressen, eine rein pflanzliche Nahrung ohne Hefe, so hatte das den umgekehrten Effekt: Der Blutzucker-senkende Stoff wurde weniger produziert und ausgeschüttet.

Die Blut-Hirn-Schranke, so zeigen die Studien der Dresdner Forscher, ist dabei hauptsächlich der Sensor, der an der Grenze zwischen Blutkreislauf und dem Nervensystem Informationen zur Nahrungszusammensetzung aufnimmt und an spezielle Nervenzellen weiterleitet, die dann im nächsten Schritt den Insulinspiegel hoch- oder herunterfahren.

Bei den Fruchtfliegen im Labor hat die richtige Kost sogar die durchschnittliche Lebensdauer erhöht, obwohl das Futter durchaus kalorienreich war. Auch das untermauert die These, dass bei der Insulinregulierung nicht Kalorien entscheidend sind, sondern eher bestimmte Signalelemente, die richtige Zusammensetzung von Fetten.

„Wenn man den gleichen Effekt wie mit einer sehr strengen Diät mit extrem reduzierter Kalorienzufuhr erzielen könnten, indem man einfach in der Nahrung die Signalmoleküle unter Kontrolle bekommt – das wäre natürlich fantastisch“, so Suzanne Eaton. Auf den Menschen lassen sich die Ergebnisse von den Fruchtfliegen allerdings nicht so einfach übertragen.

Studien anderer Labore haben die Insulinsignalwege in Mäusen und Menschen verglichen: Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass hier ein wichtiger Ansatz für zukünftige Therapien für Diabetes-Typ-2 liegen könnte. Eines Tages könnten auch die Erkenntnisse der Dresdner Forscher in der Medizin und vor allem in der Prävention hilfreich sein.

Denkbar ist, dass ein besseres Verständnis und eine klare Identifizierung der verschiedenen Lipidklassen in unterschiedlichen Nahrungsmitteln ein guter Weg wären, um sorgenfreien Genuss zu ermöglichen: Beispielsweise müssten Diabetes-Patienten dann nicht mehr auf eine extrem kalorienarme Kost achten, sondern könnten Nahrung mit den richtigen Signalelementen ganz ohne Gefahr konsumieren: „Wenn es die richtigen Fette enthält, wäre dann auch ein fettes Schnitzel kein Problem“, so Marko Brankatschk vom Dresdner Max-Planck-Institut.

Originalpublikation

Marko Brankatschk, Sebastian Dunst, Linda Nemetschke, Suzanne Eaton
Delivery of circulating lipoproteins to specific neurons in the Drosophila brain regulates systemic Insulin signaling
eLife, 2. Oktober 2014



Weitere Meldungen

Diabetes in dogs may indicate elevated risk of type 2 diabetes in their owners

Diabetes in dogs may indicate elevated risk of type 2 diabetes in their owners

Owners of a dog with diabetes are more likely to develop type 2 diabetes than owners of a dog without diabetes. No shared risk of diabetes could be detected for cat owners and their cats
Weiterlesen

Eine Kegelschnecke bei der Jagd: durch den langen Rüssel injiziert sie dem Fisch mit einem harpunenartigen Zahn einen Giftcocktail, der ihn lähmt. Aus: H. Terlau et al., Nature 381: 148 (1996); Bildquelle: Universität von Utah

Diabetes-Medikamente aus dem Gift der Kegelschnecken

Kegelschnecken sind im Meer lebende Raubtiere. Sie lauern am Grund des Meeres kleinen Fischen auf und injizieren ihrer Beute durch einen Rüssel einen Giftcocktail, der sie lähmt
Weiterlesen

Unerwartete Hilfe im Kampf gegen Zuckerkrankheit: Wissenschaftler haben in der essbaren Wurzel der Süßholzpflanze Glycyrrhiza eine neue Gruppe von Naturstoffen mit antidiabetischer Wirkung identifiziert: die Amorfrutine; Bildquelle: Alexander Vögtli, PharmaWiki

Süßholzwurzel liefert Wirkstoffe gegen Diabetes

Sie dient als Rohstoff für Lakritze, beruhigt den Magen und hilft gegen Atemwegserkrankungen: die Süßholzwurzel. In der traditionellen Heilkunst wird die Arznei-Pflanze des Jahres 2012 schon seit der Antike geschätzt
Weiterlesen

Transverse postcontrast CT image revealing a mass in the area of the pituitary gland; Bildquelle: Dr. C. Reusch

Cat with diabetes mellitus and acromegaly

It is currently assumed that up to 80% of cats sufferfrom a type 2-like diabetes. Other specific types (formerly called secondary diabetes mellitus) may occur in approximately 20% of diabetic cats
Weiterlesen

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Protein im Immunsystem des Huhns entschlüsselt

Klassische Proteinstruktur mit neuen Eigenschaften entdeckt
Weiterlesen

University of Missouri

Übergewichtige Pferde: Falsche Ernährung und Bewegungsmangel

Pferde leiden zunehmend unter Gewichtsproblemen. Darauf weist die University of Missouri hin. Genauso wie die Menschen leiden Pferde immer öfter unter gewichtsbedingten Krankheiten, wie Herz-Kreislaufbeschwerden, Diabetes oder Gelenkproblemen
Weiterlesen

DIABETIC SPECIAL LOW CARBOHYDRATE

Neue Möglichkeiten klinischer Diätetik bei Diabetes mellitus

Innovationen von ROYAL CANIN: DIABETIC SPECIAL LOW CARBOHYDRATE
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen