Ein frischer Blick auf die Evolution des Pferdes

(29.05.2017) Veränderungen in der Umwelt und in Ökosystemen waren in den vergangenen 20 Millionen Jahren die treibende Kraft hinter der Evolution der Pferde.

Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie eines Paläontologenteams aus Spanien und Argentinien, u.a. Juan L. Cantalapietra, Humboldt Fellow am Museum für Naturkunde Berlin, die jetzt in Science veröffentlicht wird.

Museum für Naturkunde Das Forscherteam untersuchte 140 Pferdearten, die größtenteils ausgestorben sind. Es fasste Jahrzehnte der Erforschung der fossilen Entwicklung dieser populären Säugetiergruppe zusammen.

Ihre Schlussfolgerungen stellen eine klassische Theorie in Frage, die den Evolutionserfolg der Pferde mit verschiedenen neuen Anpassungen an das Leben im offenen Grasland vor 18 Millionen Jahren in Verbindung bringt.

„Nach dieser Theorie sollen sich Pferde in der Steppenumgebung schneller entwickelt haben. Sie entwickelten widerstandsfähigere Zähne, die sich bei dem überwiegenden Verzehr von Gras nicht so schnell abnutzten. Sie wurden auch größer, um dieses nahrungsarme Futter besser verwerten zu können.

Außerdem bot die Größe Schutz vor Raubtieren in diesem neuen, offenen Lebensraum“, erläutert Juan L. Cantalapiedra, Forscher am Museum für Naturkunde in Berlin.

Bisher wurde angenommen, dass sich Zähne und Körpergröße in kurzer Zeit entwickelten. Neuen Ergebnissen zufolge könnten diese evolutionären Veränderungen mehr Zeit in Anspruch genommen haben als bisher angenommen.

Cantalapiedra und seine Mitarbeiter konnten sogar zeigen, dass sich alle neu entwickelten Pferdearten ökologisch gesehen sehr ähnlich waren. Es sieht daher so aus, als wären die evolutionären Veränderungen nicht durch eine neue Vielfalt der ökologischen Rollen, sondern vielmehr durch eine zunehmende Vielgestaltigkeit der Umwelt zu erklären.

„Veränderungen in der Umwelt könnten ein Mosaik von zersplitterten Ökosystemen hervorgebracht haben, in denen verschiedene Pferdepopulationen mit ähnlichen Bedürfnissen und Anpassungen an die Umwelt sich isoliert voneinander entwickeln konnten.

So könnten sich unterschiedliche Arten mit ähnlichem Aussehen entwickelt haben“, erklärt Manuel Hernández Fernández von der Universidad Complutense in Madrid.

„Das war wahrscheinlich nur in Ökosystemen möglich, in denen viel Energie und Biomasse verfügbar war, sodass Arten, die einander sehr ähnlich waren und sonst stark miteinander konkurriert hätten, alle überleben konnten,“ fügt Jose Luis Prado von der Universidad del Centro de la Provincia de Buenos Aires hinzu.

Zweimal noch beschleunigte sich die Diversifizierung der Pferdearten, als nämlich der veränderte Meeresspiegel vor elf Millionen Jahren und dann noch einmal vor vier Millionen Jahren den Pferden ermöglichte, von Nordamerika nach Eurasien und Afrika hinüberzuwandern. Damals tauchten neue Arten tatsächlich ganz schnell auf, zeigten aber äußerlich keine dramatischen Veränderungen.

Publikation

J. L. Cantalapiedra, J. L. Prado, M. Hernández Fernández, M. T. Alberdi. Decoupled ecomorphological evolution and diversification in Neogene-Quaternary horses. Science.


Weitere Meldungen

Frühes Planula-Larvenstadium der Seeanemone Aiptasia (cyanfarbene Kerne und grüne Stachelzellen), das eine Krebspuppe (grün) des Copepoden Tisbe sp. erbeutet; Bildquelle: Ira Mägele und Ulrike Engel

Begann die Evolution der Tiere mit einer räuberischen Lebensweise?

Überraschende Befunde einer Forschungsgruppe um Prof. Dr. Thomas W. Holstein von der Universität Heidelberg zur Entwicklung von Seeanemonen legen nahe, dass die räuberische Lebensweise für die Evolution der Tiere prägend war
Weiterlesen

Die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) kann bis zu zwei Meter groß werden.; Bildquelle: National Seashore, WikimediaCommons

Panzergröße: Wie sich Schildkröten in den letzten 200 Millionen Jahren entwickelten

Internationale Forschende haben die bisher umfänglichste Datensammlung zu Körpergrößen von rezenten und fossilen Schildkröten zusammengestellt
Weiterlesen

Lebendrekonstruktion zweier Keichousaurier; Bildquelle: @Takumi

Einblicke in die sexuelle Entwicklung eines im Meer lebenden Reptils

Fossile Skelette faszinieren Wissenschaftler seit langem als Fenster zur Urzeit. Aber bislang ist wenig über Details zur sexuellen Entwicklung ausgestorbener Lebewesen bekannt
Weiterlesen

Das Kiefer von Dalatias licha (Schokoladenhai). Die unteren Zähne des Hais bilden eine durchgehende Schneidekante, mit der er Stücke aus größeren Tieren herausbeißen kann.; Bildquelle: Manuel Staggl

Kieferformen von 90 Hai-Arten zeigen: Evolution je nach Lebensraum

Analyse mithilfe von Röntgen-Computertomographie und 3D-Rekonstruktionen
Weiterlesen

Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Europäischer Maulwurf uns australischer Beutelmull - wie Evolution arbeitet

Welche genetischen Veränderungen sind für die Entwicklung phänotypischer Merkmale verantwortlich?
Weiterlesen

Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

Fossilien zeigen Evolutionsgeschichte der Wirbelsäulenentwicklung

Forschende des Museums für Naturkunde Berlin untersuchten die Entwicklung der Wirbelsäule von vierbeinigen Wirbeltieren anhand eines großen Datensatzes moderner und fossiler Wirbeltiere
Weiterlesen

Universität Uppsala

Skandinavische Wölfe tragen viele schädliche Mutationen in sich

In einer neuen wissenschaftlichen Studie haben Forscher der Universität Uppsala gezeigt, dass skandinavische Wölfe rund 100.000 schädliche Mutationen in ihrem Genom tragen
Weiterlesen

Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

Unterschiede im Gefieder nicht immer ein Indiz für unterschiedliche Arten

Wissenschaftlern des Museums für Naturkunde Berlin ist es  gelungen, anhand der Erforschung der genomischen Variabilität zweier vermeintlicher Schwalbenarten in Australien, die Komplexität der Artentwicklung und Evolutionsprozesse aufzuzeigen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen