KTBL-Tagung zum Stand der Forschung zur Ebermast
(18.07.2014) Lauter laute aggressive Stinker? Das stimmt nicht. Was man früher von Ebern als Masttier dachte, revidieren die gegenwärtigen Praxisversuche. Die Mast unkastrierter männlicher Schweine ist möglich und nicht nur das: Die Ergebnisse sind ausgesprochen gut. Ausfälle, weil das Fleisch mit Geruchsstoffen belastet ist, die ein Teil der Verbraucher als unangenehm empfindet, liegen oft im niedrigen einstelligen Prozentbereich, das zeigen verschiedene aktuelle Forschungsergebnisse.
Unter dem Titel "Ebermast - Stand und Perspektiven" veranstaltete das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) Anfang Juli in Hannover eine Tagung, auf der neue Erkenntnisse zur Ebermast vorgestellt wurden.
Dabei kamen Vermarktung und Wirtschaftlichkeit ebenso zur Sprache wie Tierverhalten und Verfahrenstechnik. Vorgestellt wurden auch praxisnahe Versuche zur Haltung und Fütterung der Tiere.
Um die Mast von unkastrierten Ebern zu etablieren, muss innerhalb weniger Jahre das Wissen erarbeitet werden, wie diese Tiere optimal zu halten sind. Ab 2019 ist die seit ca. 70 Jahren praktizierte Kastration von männlichen Mastschweinen nicht mehr gestattet.
Kastration galt bisher als sicheres Mittel, um den sogenannten "Ebergeruch" zu verhindern. Beim erwachsenen unkastrierten Eber können die Substanzen Skatol und Androstenon in Fleisch und Fettgewebe zu geruchlicher Belastung führen. Das Fleisch wird dadurch für den menschlichen Verzehr unbrauchbar. Wie sich Geruchsentwicklung verhindern und wie sie sich standardisiert feststellen lässt, sind einige der Forschungsziele rund um die Ebermast.
Auch Handel und Verarbeitung müssen sich auf die Eber einstellen: Eber zeigen geringere Verfettung und haben einen höheren Anteil an hochwertigen Teilstücken im Schlachtkörper. Bei Ebern ist zum Beispiel der Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren höher: "Das ist ernährungsphysiologisch gut, aber nicht gut für die Herstellung von Dauerwaren" erläuterte Professor Winfried Matthes vom Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere, Dummerstorf.
Die Wissenslücken in der Ebermast sind noch immer groß, doch die Bilanz bisher zeigt: Die Wirtschaftlichkeit könnte bei der Ebermast um ein paar Euro pro Tier besser sein als bei der Mast von Sauen und kastrierten Ebern. Eber haben Vorteile im Wachstum unter anderem beim Futteraufwand.
Und benehmen können sie sich auch: Verhaltensstudien unter unterschiedlichen Haltungs- und Fütterungsbedingungen im Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg ergaben, dass die Mast ohne tierschutzrelevante Verhaltensprobleme möglich ist.
Regina Bartel, aid.de