Teufelsrochen anhand ihrer Kiemen identifizierbar

(28.09.2013) Getrocknete Rochenkiemen gelten neuerdings in der asiatischen Volksmedizin als wirksames Mittel gegen vielerlei Beschwerden. Da lediglich die Kiemen zum Verkauf angeboten werden, konnte bisher nicht bestimmt werden, welche Rochen-Arten genau vom Trend auf den Märkten Asiens betroffen sind und für welche Arten Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Forschende der Universität von Washington (UW), USA, und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben nun erstmals genug Unterschiede bei den Kiemen von Mantarochen und acht weiteren Teufelsrochen-Arten entdeckt, um sie anhand dieser Organe identifizieren zu können.

Die Studie wurde kürzlich als Titelgeschichte in der Fachzeitschrift Journal of Morphology veröffentlicht.


Computertomographie-Aufnahme eines isolierten Kiemenbogens, auf dem die plattenartigen Filter (rot eingefärbt) aufliegen

Im Unterschied zu jagenden Rochenarten, die ihre Beute mit ihren Mäulern angreifen und zerquetschen, fressen Teufelsrochen Plankton, Larven und Fischeier, die sie über ihre Kiemen aus dem Wasser sieben. Ihren furchteinflößenden Namen haben Teufelsrochen wegen ihrer Kopfflossen, die wie Hörner aussehen.

Für den Menschen sind sie aber ungefährlich. Auch von den riesigen Mantas, die eine Spannweite von sieben Metern und ein Gewicht von zweieinhalb Tonnen erreichen können, geht kaum Gefahr aus.

„Weder in der Vergangenheit noch in der traditionellen Medizin wurden die Kiemen verwendet und es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass die getrockneten Kiemen beispielsweise dazu beitragen, Giftstoffe aus der Leber zu filtern.

Dennoch werden tausende dieser Rochenkiemen auf den Märkten angeboten, insbesondere in Indonesien“, sagt Dr. Misty Paig-Tran, Wissenschaftlerin an der UW und Erstautorin der Studie, die die Filtersysteme der Fische im Detail beschreibt.


Computertomographie-Aufnahme eines Skeletts eines Teufelsrochens von schräg oben gesehen. Die Kiemenbögen sind blau und die Filterstrukturen sind rot dargestellt

Schon länger wollen Tierschutzorganisationen Rochen unter das Washingtoner Artenschutzübereinkommen stellen. Sie waren aber bisher nicht in der Lage zu sagen, welche Arten genau diesen Schutz benötigen.

„Man könnte unsere Studie jetzt mit auf einen Markt nehmen und damit die Spezies identifizieren, von der die Kiemen stammen. So bekäme man eine Vorstellung davon, in welcher Größenordnung jede einzelne Spezies gejagt wird“, so Paig-Tran weiter.

Um die charakteristischen Merkmale der Kiemen unterschiedlicher Rochenarten zu definieren, untersuchten die Forschenden Exponate aus Museen und schwammen mit den Tieren, um anschließend Filmaufnahmen von der Nahrungsaufnahme der Rochen auszuwerten.

Der Kieler Biologe Dr. Thomas Kleinteich aus dem Bereich Spezielle Zoologie erstellte anschließend dreidimensionale Computermodelle aus Computertomographieaufnahmen, um die Kiemenstrukturen zu beschreiben.

Es gibt zehn Kiemenbögen, fünf auf jeder Seite des Mauls. Jeder Kiemenbogen trägt Gewebeplatten zur Filtration von Nahrungspartikeln und zur Atmung. „Teufelsrochen filtern damit etwa 15 Liter Meerwasser in der Sekunde, um atmen und fressen zu können“, schätzt Kleinteich.

Zusammen mit Paig-Tran und Professor Dr. Adam Summers von der Universität von Washington, konnte er zeigen, dass die Form der Kiemenbögen die Fische als filtrierende Arten ausweist.

„Das Filtergewebe, das aussieht wie verschiedene Farnblätter, macht es möglich, die Tiere innerhalb dieser Gruppe zu unterscheiden“, sagt Kleinteich. Drei Rochenarten haben derartige Filtersysteme, die mit Flimmerhärchen bedeckt sind, um Nahrung zu fangen, die restlichen Arten haben diese nicht. Unter dem Mikroskop erkennt man auch zahnartige Spitzen auf vielen Filtern, an denen harte Partikel abprallen sollen.

Mantas und Teufelsrochen leben in tropischen und subtropischen Ozeangewässern, wo sie in planktonreichen Gebieten gesichtet werden. Was genau sie fressen, ist aber weitgehend unbekannt. Die neuen Erkenntnisse der Forschenden über die Biologie der Rochenfiltersysteme könnten jetzt weitere Hinweise über ihre Nahrungsquellen geben.

„Überraschend für uns war, dass die Rochen zur Querstromfiltration fähig sind“, sagt Kleinteich. Dieser Filterungsprozess ähnele der Herstellung von Wein, Fruchtsäften oder Medikamenten und unterscheide sich von Filtermethoden, die bei anderen Fischen bekannt sind.

Neben der Bedeutung also, die die Rochenstudie für den Erhalt der Tierart an sich haben kann, könnten dank der wissenschaftlichen Ergebnisse womöglich auch bessere industrielle Filter entwickelt werden. Gefördert wurde die Studie von der National Science Foundation der USA und von National Geographic.

Originalpublikation

The filter pads and filtration mechanisms of the devil rays: Variation at macro and microscopic scales; E.W. Misty Paig-Tran, Thomas Kleinteich und Adam P. Summers; Journal of Morphology 274: 1026–1043. doi: 10.1002/jmor.20160
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/jmor.20160/abstract



Weitere Meldungen

Julia Türtscher; Bildquelle: Patrick L. Jambura

Neue Rochenart aus Bayern entdeckt: Aellopobatis bavarica aus dem späten Jura

In einer neuen Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift "Papers in Palaeontology" veröffentlicht wurde, haben internationale Wissenschafter*innen die rätselhafte Welt der vor 150 Millionen Jahren lebenden Rochen erforsch
Weiterlesen

Universität Zürich

Stark bedrohte Haie und Rochen sind unzureichend geschützt

Haie und Rochen sind die am stärksten bedrohte Gruppe der marinen Wirbeltiere. Ihre Funktionen im Ökosystem haben Forschende unter der Leitung von UZH-Professorin Catalina Pimiento nun in einer internationalen Studie zu einem entscheidenden Kriterium für den Artenschutz gemacht
Weiterlesen

Torpedo Suessii; Bildquelle: NHM Wien

Naturkundliche Sammlungen dokumentieren Verlust der Biodiversität

Analyse des Erbgutes eines 120 Jahre alten Exemplars des vermutlich ausgestorbenen Suess‘ Zitterrochens (Torpedo suessii) bestätigt seinen Artstatus
Weiterlesen

Vollständiges Skelett eines fossilen Meerengels (Pseudorhina acanthoderma; SMNS 86214/41) aus dem Oberjura (ca. 155 Millionen Jahre) der Nusplinger Plattenkalke in Baden-Württemberg (SW-Deutschland).; Bildquelle: J. Kriwet

Zwischen Hai und Rochen: Der evolutionäre Vorteil der Meerengel

Meerengel sind Haifische, gleichen mit ihrem eigentümlich flachen Körper aber eher Rochen. Den Ursprung dieser Körperform hat jetzt ein internationales Forschungsteam um Faviel A. López-Romero und Jürgen Kriwet vom Institut für Paläontologie untersucht
Weiterlesen

Eines der drei Fossilien von Lessiniabatis aenigmatica (MNHN F.Bol.566) aus der berühmten Fossilfundstelle von Monte Bolca (Italien), das als Platte und Gegenplatte erhalten ist. Das Exemplar befindet sich im Museum National d´Histoire Naturell; Bildquelle: Giuseppe Marramà

Fossiler Fisch gibt neue Einsichten in die Evolution

"Experiment der Natur" nach Massen-Artensterben der Kreidezeit
Weiterlesen

Gefährdung und Schutz der Haie und Rochen in den deutschen Meeresgebieten der Nord- und Ostsee

Hamburger Forscherteam analysiert Situation von Haien und Rochen in Nord- und Ostsee

Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) haben Prof. Dr. Ralf Thiel, Heike Zidowitz und ihr Team der Abteilung Ichthyologie des Centrums für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg den Zustand von Haien, Rochen und Chimären in deutschen Gewässern der Nord- und Ostsee untersucht
Weiterlesen

WWF

Erfolg für Schutz von Haien und Rochen

Gute Nachrichten für marine Arten: Die Internationale Artenschutzkonferenz CITES hat sich am 3. Oktober 2016 für einen besseren Schutz von Haien und Rochen ausgesprochen
Weiterlesen

CITES

Besserer Schutz für Haie weltweit

Seit dem 14. September 2014 stehen fünf besonders bedrohte Haiarten und die Gattung der Mantarochen unter dem Schutz des internationalen Artenschutzabkommens CITES
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen