Neuer Rundkopf-Nilhecht entdeckt

(14.01.2014) Veränderungen von Umweltbedingungen können zur Entstehung neuer Tierarten führen. Eine ideales Ökosystem zur Untersuchung dieser sogenannten parapatrischen Artenbildung scheint der afrikanische Kwando-Fluss zu sein, wie jetzt Zoologen der Universitäten in Regensburg, Heidelberg und Johannesburg bei der Entdeckung einer neuen Nilhecht-Art festgestellt haben.

Ihre Forschungsergebnisse wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Natural History“ veröffentlicht (DOI: 10.1080/00222933.2013.807950).

Der Kwando fließt durch Angola und Namibia und wird über weite Strecken vom Okavango (westlich) und vom Sambesi (östlich) flankiert. Von beiden Megasystemen wird er deshalb nicht selten mit Wasser versorgt; besonders häufig überschwemmt der Sambesi den Kwando.


Rundkopf-Nilhecht Pollimyrus cuandoensis

Entsprechend können sich auch Tierpopulationen ausbreiten, die in den verschiedenen Flussläufen mitunter unterschiedliche Umweltbedingungen vorfinden.

Sowohl im Okavango (Pollimyrus castelnaui) als auch im Sambesi (Pollimyrus marianne) konnten bereits unterschiedliche Arten der Gattung der Rundkopf-Nilhechte nachgewiesen werden. Die nur etwa 6 bis 7 cm großen Fische gehören zur Familie der Nilhechte, die schwachelektrische Organe zur Kommunikation und zur Elektroortung nutzen.

Gemeinsam mit seinen Kollegen wurde Prof. Dr. Bernd Kramer vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg jetzt auch an vier verschiedenen Stellen des unteren Flusslaufes des Kwando fündig.

Nach Ansicht der Forscher handelt es sich beim Kwando-Phänotyp allerdings – trotz der geografischen Nähe zu Okavango und Sambesi und der zumeist parallel verlaufenden Ströme der drei Flüsse – um eine eigenständige Art. So unterscheidet sich Pollimyrus cuandoensis mit Blick auf den Körperbau und die schwachelektrischen Entladungen deutlich von den beiden anderen Arten.

„Diese drei Nilhecht-Arten des Okavango, des Sambesi und des Kwando sind sicherlich eng miteinander verwandt“, erklärt Kramer. „Unsere Genomanalysen haben allerdings gezeigt, dass Pollimyrus cuandoensis eine Eigenständigkeit nicht abzusprechen ist.“

Einen interessanten Einblick in die Entwicklung von Pollimyrus cuandoensis gibt auch das Paarungsverhalten der drei Arten. Während die „äußeren Arten“ des Okavango und des Sambesi einer Paarung mit dem Exemplar aus dem Kwando aus dem Weg gehen, lehnt Pollimyrus cuandoensis den Kontakt zu den beiden anderen Arten nicht ab.

Die Forscher werten dies als einen direkten Hinweis auf einen – wenn auch möglicherweise noch nicht vollständig abgeschlossenen – Prozess der parapatrischen Artenbildung.

Scheinbar unterlagen die Teilpopulationen in ihren Ökosystemen einem jeweils unterschiedlichen Anpassungsdruck und entwickelten sich daher zunehmend unabhängig voneinander weiter. So differenzierte sich zunächst aus – in den Sambesi ausgewanderten – Pollimyrus castelnaui eine neue Art, Pollimyrus marianne, die sich in der Kontaktzone – dem Kwando-Fluss – mit Pollimyrus castelnaui kreuzte.

Daraus entstand im zweiten Schritt die Hybridart Pollimyrus cuandoensis. Die Hybrid-Bildung war unidirektional, da Pollimyrus cuandoensis die gleiche mitochondriale Genausstattung wie Pollimyrus marianne besitzt, die rein maternal vererbt wird. Pollimyrus marianne stellte demnach die Mütter, Pollimyrus castelnaui die Väter.

Die Forscher gehen davon aus, dass sich Pollimyrus cuandoensis auf diese Weise vor etwa 2,1 Mio. Jahren von Pollimyrus marianne abgetrennt hatte und eine morphologisch, elektrisch und auch genetisch nachweisbare differenzierende Entwicklung durchmachte.

Der Original-Artikel unter. www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/00222933.2013.807950#.Us5xWBCFfps



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