25 neue Arten aus der Spinnen-Gattung Thunberga beschrieben

(08.03.2021) Senckenberg-Wissenschaftler Peter Jäger hat 25 neue Spinnenarten aus der Gattung Thunberga, benannt nach der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, beschrieben.

Drei der neu entdeckten Arten hat der Frankfurter Arachnologe Personen gewidmet, die ihn mit ihrem Engagement beeindrucken: Jyoti Kumari, Boyan Slat und Malala Yousafzai. Die heute im Fachjournal „Arachnology“ publizierte Studie lässt Rückschlüsse auf die Verbreitung und das Liebesleben der Achtbeiner-Gattung zu.


Ein Weibchen von Thunberga wasserthali bei der Beutejagd, ein seltenes Fotodokument zum Verhalten der neu beschriebenen Spinnen, die scheinbar nachts im Blattwerk auf Beute lauern.
Etwa ein halbes Jahr liegt die Erstbeschreibung der auf Madagaskar heimischen Spinnengattung Thunberga zurück. „Damals war fast noch nichts über diese Spinnen bekannt“, erzählt Dr. Peter Jäger vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und fährt fort: „Seitdem habe ich 25 Arten dieser Gattung neu beschrieben. Es zeigt, dass die Thunberga-Riesenkrabbenspinnen wesentlich vielfältiger sind, als wir bislang angenommen haben.“

In der neuen Studie veröffentlicht der Frankfurter Arachnologe Fotos lebender Spinnen der Thunberga-Gattung, die Hinweise auf deren Lebensweise geben. Offenbar jagen die Spinnen nachts im Blattwerk und lauern auch in Blüten auf Beute.

„Zum ersten Mal konnten wir die Gattung zudem außerhalb Madagaskars nachweisen: Eine der Neubeschreibungen stammt von Mayotte, einer Inselgruppe zwischen der Nordspitze Madagaskars und dem Norden Mosambiks“, fügt Jäger hinzu. Die einzelnen Arten sind meist endemisch und nur in kleinen, begrenzten Gebieten zu finden.

Durch die Fotos und Vergleiche der Morphologie erhofft sich Jäger – zumindest indirekt – Hinweise zur Verhaltensweise und Ökologie der Achtbeiner zu erhalten. „Besonders spannend sind in diesem Zusammenhang Narben, die wir auf weiblichen Tieren von 16 Arten gefunden haben. Bei Jungtieren und Männchen fehlen diese Spuren“, erläutert er.

„Liebesbisse“ nennt Jäger diese Wundmale – er geht davon aus, dass das Männchen das Weibchen vor oder während des Paarungsakts mit seinen Giftklauen festhält und es dabei zu den Verletzungen kommt.

Die Spinnengattung benannte Jäger im vergangenen Jahr nach der Klimaaktivistin Greta Thunberg, um auf die Bedrohung der madagassischen und globalen Artenvielfalt durch den Klimawandel aufmerksam zu machen. „Da war es nur konsequent, dass auch einige der neuen Arten nach Personen benannt werden, die mich nachhaltig beeindrucken“, erklärt Jäger.

Mit Thunberga jyoti möchte er die Willensstärke und den Mut der damals 15jährigen Inderin Jyoti Kumari ehren, die ihren verletzten Vater mit dem Fahrrad 1200 Kilometer in sein Heimatdorf fuhr, wo er eine Heilbehandlung erfahren konnte. In der Artbeschreibung der Spinne heißt es: „Der Name steht für alle liebenden und fürsorglichen Personen auf unserem Planeten“.

Eine weitere Art – Thunberga boyanslat – trägt nun den Namen des niederländischen Erfinders, Unternehmers und Umweltaktivisten Boyan Slat. Slat hat ein passives System zum Auffangen des in den Meeresströmungen treibenden Plastikmülls entwickelt. Und auch Malala Yousafzai, pakistanische Kinderrechtsaktivistin, jüngste Friedensnobelpreisträgerin sowie Friedensbotschafterin der UN, ist nun Namenspatin einer Riesenkrabbenspinnen-Art.

„Greta befindet sich jetzt also in bester Gesellschaft“, schmunzelt Jäger. Zukünftig möchte er noch mehr Details zur Ökologie und Biologie der Spinnen herausfinden.



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