Säbelzahnfrösche: vier neue endemische Arten aus Westafrika

(27.07.2015) Innerhalb der einzigen für West Afrika endemischen Wirbeltierfamilie, den Säbelzahnfröschen, war bislang eine einzige Art bekannt. Morphologische und molekulare Untersuchungen lieferten aber entscheidende die Hinweise, die zur Beschreibung gleich vier neuer Arten führten.

Wegen ihrer kleinräumigen Verbreitung und enge Bindung an Fließgewässer in Regenwäldern sind Säbelzahnfrösche durch die fortschreitende Lebensraumzerstörung vom Aussterben bedroht und Maßnahmen zu ihrem Schutz dringend erforderlich. Die entsprechende Publikation ist in der vom Museum für Naturkunde Berlin veröffentlichten Zeitschrift Zoosystematics and Evolution für jedermann frei zugänglich.


Säbelzahnfrosch Odontobatrachus ziama - benannt nach der Typuslokalität, dem Ziama Massiv in Guinea, West Afrika

Erst vergangenes Jahr wurde der einzige Vertreter der Säbelzahnfrösche Odontobatrachus natator, mehr als ein Jahrhundert nach seiner Beschreibung, als eigenständige Wirbeltierfamilie erkannt.

Westafrikanische Säbelzahnfrösche kommen endemisch (ausschließlich) in den oberguineischen Regenwäldern Westafrikas vor und unterscheiden sich durch außergewöhnliche Merkmale, wie die namensgebenden zahnartigen Fortsätze im Unterkiefer sowie gebogene Zähnchen im Oberkiefer der ausgewachsenen Frösche oder ein Saugmaul bei Kaulquappen, von den übrigen Familien der Frösche.

Demgegenüber steht eine ausgesprochene Ähnlichkeit aller Populationen innerhalb der Stromlinienfrösche, die dazu führte, dass seit der Beschreibung im Jahre 1905 nur eine einzige Art, Odontobatrachus natator, in den Wäldern Westafrikas vermutet wurde.

Die zuletzt aufgedeckte unerwartet hohe genetische Variation und ergänzende biogeographische Erkenntnisse ließen jedoch eine höhere Vielfalt in der als monospezifisch (eine Art führenden) geltenden Frosch Familie vermuten.

Diese Ergebnisse in Verknüpfung mit zuvor verkannten geringen morphologischen Unterschieden ermöglichten schließlich Dr. Barej vom Museum für Naturkunde Berlin und internationalen Kollegen die Beschreibung gleich vier neuer Arten.

Die unerwartete Erhöhung der Artenzahl innerhalb dieser einzigartigen Wirbeltierfamilie und damit einhergehende Verbreitungsmuster ermöglichen es auch Forschern anderer Gruppen gezielter nach kryptischen Arten in den Wäldern des oberguineischen Diversitäts-Hotspots zu suchen.

Die Autoren machen jedoch klar, dass eine Artbeschreibung nur der erste Schritt sein kann und eine wichtige Grundlage für Untersuchungen der Ökologie und des Verhaltens bieten. Vereinfacht gesagt: eine Art zu benennen heißt nicht sie zu kennen und verstehen.

Entsprechend der Roten Liste müssen künftig alle Arten der Säbelzahnfrösche als „stark gefährdet“ eingestuft werden und zeugen somit von der Verwundbarkeit des oberguineischen Diversitäts-Hotspots.

Die Frösche kommen ausschließlich in den verbliebenen Regenwaldfragmenten entlang schnellfließender Gewässer mit Stromschnellen und Wasserfällen vor. Daher verweisen die Wissenschaftler darauf, dass westafrikanische Säbelzahnfrösche durch den fortschreitenden Lebensraumverlust im oberguineischen Diversitäts-Hotspot vom Aussterben bedroht sind und das, obwohl die tatsächliche Artenvielfalt dieser Region noch längst nicht verstanden ist.

Die entsprechende Publikation ist in der vom Museum für Naturkunde Berlin veröffentlichten Zeitschrift Zoosystematics and Evolution frei zugänglich.

Publikation

Michael F. Barej, Andreas Schmitz, Johannes Penner, Joseph Doumbia, Laura Sandberger-Loua, Mareike Hirschfeld, Christian Brede, Mike Emmrich, N’Goran Germain Kouamé, Annika Hillers,7, Nono L. Gonwouo, Joachim Nopper, Patrick Joël Adeba, Mohamed A. Bangoura, Ceri Gage, Gail Anderson, Mark-Oliver Rödel (2015): Life in the spray zone – overlooked diversity in West African torrent-frogs (Anura, Odontobatrachidae, Odontobatrachus). Zoosyst. Evol. 91 (2): 115–149. DOI 10.3897/zse.91.5127



Weitere Meldungen

Frosch; Bildquelle: Hannelore Reitan

Welttags der Frösche: Gärten als Refugien für Amphibien und Reptilien

Anlässlich des Welttags der Frösche am 20. März stellt der Naturschutzbund als Projektpartner von Global 2000 das Projekt „BIOM-Garten“ in den Fokus
Weiterlesen

Frösche wie dieser Mittelmeer-Laubfrosch aus der Camargue in Frankreich sehen nicht nur schön aus, ihre Farbe verrät auch etwas über ihr Vorkommen.; Bildquelle: Ricarda Laumeier

Dunkle Froschlurche lieben es kühl

Frösche und Kröten weisen umso dunklere Farben auf, je kälter es in ihrem Lebensraum ist, je mehr Krankheitserreger ihnen dort drohen und je stärker sie ultravioletter Strahlung ausgesetzt sind
Weiterlesen

Pfeilgiftfrösche der Spezies Allobates femoralis; Bildquelle: Eva Ringler

Pfeilgiftfrösche: Der Charakter bestimmt die Fortpflanzung

Pfeilgiftfrösche der Spezies Allobates femoralis bestechen durch ihre verschiedenen Charakterzüge: je nachdem, ob sie mutig, aggressiv oder entdeckungsfreudig sind,
Weiterlesen

Junger Wallace-Flugfrosch; Bildquelle: Tiergarten Schönbrunn/Samantha Cloer

Neue Studie: „Fliegende“ Frösche tarnen sich als Kot

Wallace-Flugfrösche sind wahrlich spektakuläre Tiere. Dank Häuten zwischen den Zehen und Fortsätzen an Armen und Beinen gleiten sie in den Regenwäldern Ostasiens rund 16 Meter weit von Baum zu Baum.
Weiterlesen

Museum für Naturkunde Berlin

Grasfroschweibchen stellen sich tot um Männchen los zu werden

Auch sehr häufige und gut untersuchte einheimische Arten halten immer noch große Überraschungen bereit
Weiterlesen

Krawall-Frösche; Bildquelle: Daniel Zupanc

Nachzuchterfolg bei wahren „Krawall-Fröschen“

Die Rufe des Baumhöhlen-Krötenlaubfrosches zählen zu den lautesten unter den Fröschen
Weiterlesen

Johnstones Pfeiffrosch (Eleutherodactylus johnstonei); Bildquelle: SGN

Frösche: was invasive Arten erfolgreich macht

Der Johnstones Pfeiffrosch ist eine der erfolgreichsten invasiven Amphibienarten weltweit – trotz geringer genetischer Vielfalt
Weiterlesen

Mantidactylus betsileanus; Bildquelle: Miguel Vences, Frank Glaw

20 neue knurrende und knarrende Froscharten aus Madagaskar

Taxonom:innen arbeiten gegen Zeit: Es gilt neue Arten zu entdecken, bevor sie endgültig von unserem Planeten verschwinden
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen