Neue Software für die Diagnose von Krebszellen an der Vetmeduni Vienna entwickelt

(14.07.2014) Welche Therapie KrebspatientInnen erhalten, hängt heutzutage vom geschulten Auge der PathologInnen ab. Kranke Organe und Gewebe bis ins Detail unterm Mikroskop zu untersuchen, gehört zu den Aufgaben dieser FachärztInnen.

Menschliche Urteile unterliegen jedoch naturgemäß gewissen Schwankungen. Um die Qualität der Diagnostik zu erhöhen, haben Forschende der Vetmeduni Vienna, der MedUni Wien und des Ludwig Boltzmann Institutes für Krebsforschung eine Software entwickelt, die Zellstrukturen und Proteine gezielt erkennt und entsprechend verlässliche Diagnosen liefert. Die Studiendaten veröffentlichten die Forschenden im Journal PLOS ONE. 


Der Schnitt durch eine Prostata. Die Software kann über die Färbung der Zellen eine Krebserkrankung identifizieren

Gemeinsam mit dem Unternehmen „Tissuegnostics“ haben der Pathologe Lukas Kenner und seine KollegInnen eine Software entwickelt, die Krebszellen in Gewebeschnitten genau identifizieren kann und bestimmte Biomarker auf den Zellen nachweisen kann. Die gesamte Information liefert dann ein präzises Portrait der Erkrankung und führt zur bestmöglichen Therapie.

„Zwei unabhängige PathologInnen sind sich nur bei jeder dritten Diagnose einig“, so die Ergebnisse der Studie. Die neu entwickelte Software bietet erstmals die Möglichkeit die sogenannte ‚inter-observer-variabilität‘, also die Unterschiede im Urteil der beobachtenden Personen, auszuschalten“, so Kenner.

Software erkennt Schweregrad der Krebserkrankung

Die WissenschafterInnen untersuchten und analysierten 30 Leberzellkarzinome und ordneten diese mit Hilfe der Software eindeutig in die jeweiligen Kategorien von „negativ“ bis „hochgradig positiv“ ein. Dazu analysierten die Forschenden die Expression bestimmter Proteine wie Stat5 und JunB, die bei der Krebsentstehung eine wichtige Rolle spielen.

Die Software bedient sich dabei bestimmter Algorithmen sowie hochsensibler Digitalfotografie und kann die Matrix der Zellen und des Zellkerns besser darstellen als unterm Mikroskop.

Genauere Spezifikation der Veränderung in der Krebszelle möglich

„In der Forschung setzen wir die Software bereits seit Jahren ein. Die Technologie soll die PathologInnen natürlich nicht ersetzen, ist aber eine ergänzende Methode, die die Sicherheit bei der Diagnose deutlich erhöht“, so Kenner.

Er rechnet auch damit, dass die neue Technologie dazu beitragen wird, die derzeit in vier Kategorien eingeteilte Veränderung der Krebszelle künftig noch viel genauer spezifizieren zu können.

„Krebs-Therapien sind teuer. Die neue Software wird auch dazu beitragen, besser abwägen zu können, wo eine teure Therapie gerechtfertigt ist, aber auch, in welchem Fall eine solche nicht nötig ist und dem Betroffenen erspart bleiben kann“, sagt Kenner.

Neues Tool für die „Präzisionsmedizin“

Die sogenannte „Präzisionsmedizin“, eine Weiterentwicklung der personalisierten Medizin, beschäftigt sich mit der Gesundheit von Individuen. Mit Hilfe molekularbiologischer Methoden soll die ideale Therapie für die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten gefunden werden.

Besonders vielversprechend ist diese Art der Medizin bei der Behandlung von Krebs. Tumore sind bei jeder erkrankten Person anders. PathologInnen untersuchen das jeweilige Tumorgewebe bis auf die molekulare Ebene und stellen so fest, welche Therapie am besten geeignet ist.

„Krebszellen tragen beispielsweise unterschiedliche Oberflächenmoleküle. Ein entsprechendes Medikament muss auf das richtige Molekül abzielen, damit es gegen das Wachstum des Tumors wirken kann“, so der Studienleiter Lukas Kenner.

„Jeder Patient und jede Patientin soll die passendste Therapie erhalten. Nur das ist ethisch vertretbar und wirtschaftlich sinnvoll“, erklärt Kenner.

Der Artikel „Reliable quantification of protein expression and cellular localization in histological sections“ von Michaela Schlederer, Kristina M. Mueller, Johannes Haybäck, Susanne Heider, Nicole Huttary, Margit Rosner, Markus Hengstschläger, Richard Moriggl, Helmut Dolznig und Lukas Kenner wurde am 11.Juli 2014 im Journal PLOS ONE veröffentlicht. http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0100822



Weitere Meldungen

Vetmeduni Vienna

Vetmeduni Vienna: Vielversprechendes neues Ziel im Kampf gegen Hirnmetastasen bei Hautkrebs

Das maligne Melanom – auch bekannt als „schwarzer Hautkrebs“ – ist die bösartigste Form des Hautkrebses
Weiterlesen

Heidi Neubauer; Bildquelle: Vetmeduni Vienna

Heidi Neubauer forscht zu Krebs bei Katzen und Menschen

Die gebürtige Südaustralierin Heidi Neubauer forscht als Assistenzprofessorin am Zentrum für Biologische Wissenschaften der Vetmeduni
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Neue Ansatzpunkte zur Behandlung von AML-Patient:innen mit CEBPA-Mutationen

Ein europäisches Forschungsteam unter Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien entdeckte einen neuen Mosaikstein der Entstehung von Akut Myeloischer Leukämie (AML)
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Neue Ansatzpunkte zur besseren Behandlung von Leukämie

Einer der Forschungsschwerpunkte der Veterinärmedizinischen Universität Wien liegt auf der Erforschung der Leukämie und der Identifizierung neuer Ansatzpunkte für Therapien
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Lockvogelmolekül verspricht bessere Behandlung des Pankreaskarzinoms

Das Pankreaskarzinom ist eine der tödlichsten Krebserkrankungen. Eine von der Veterinärmedizinischen Universität Wien geleitete Forschungsgruppe mit Expert:innen aus Deutschland, Israel und Österreich entwickelte nun einen neuen, vielversprechenden Ansatz
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Hirnmetastasen bei Hautkrebs: Wichtige grundlegende Mechanismen entschlüsselt

Hirnmetastasen sind eine häufige Folge von Melanomen (schwarzer Hautkrebs), verbunden mit einer sehr schlechten Prognose für die betroffenen Patient:innen
Weiterlesen

vetmeduni

Neues TherAustro-Forschungsteam identifiziert neues Therapieziel für L-CTCL-Hautkrebs

Das leukämische kutane T-Zell-Lymphom (Leukemic cutaneous T-cell lymphoma; L-CTCL) ist eine seltene Art von Krebs mit einem vielfältigen Erscheinungsbild
Weiterlesen

Vetmeduni Vienna

Künstliche Intelligenz verbessert Krebsdiagnose deutlich

Die Mitosezählung ist ein wichtiges Tool für die mikroskopische Einschätzung, ob ein Tumor sich im Patienten ausbreiten wird
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen