Medikamentenpaste für Lamas und Alpakas entwickelt

(18.10.2013) Auf heimischen Weiden grasen nicht nur Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde. Immer häufiger sieht man auch Lamas und Alpakas. Am Arzneimittelmarkt gibt es allerdings noch keine zugelassenen Medikamente für diese Tiere.

Forscherinnen der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) haben sich wissenschaftlich mit der Therapie der Neuweltkameliden auseinandergesetzt. Sie entwickelten eine oral zu verabreichende Paste, in der herkömmliche Arzneimittel auch für Lamas und Alpakas richtig dosiert und einfach verabreicht werden können.


Lamas und Alpakas nehmen Medikamente am besten im Schlucken ein
Die Forscherinnen behandelten die Tiere nun erfolgreich gegen den kleinen Leberegel und veröffentlichten ihre Arbeit im Journal of Veterinary Parasitology.

Lamas und Alpakas gehören zur Familie der Neuweltkameliden und stammen ursprünglich aus Südamerika.

Die Zahl dieser Tiere wächst auch in Österreich stetig und beläuft sich mittlerweile auf geschätzte 6.000 Tiere. Lamas und Alpakas werden hierzulande nicht als Nutztiere, sondern als Trekkingtiere, zur Wollgewinnung, zur Zucht, als Tiere zur Therapie oder einfach als Hobbytiere gehalten.

Immer öfter werden Tierärzte mit dieser Spezies konfrontiert. Es gibt allerdings keine zugelassenen Arzneimittel für Neuweltkameliden – eine Herausforderung für  Veterinärmediziner.

In unseren Breiten zählen Endoparasitosen zu den häufigsten Krankheitsursachen bei Lamas und Alpakas. Besonders problematisch ist der kleine Leberegel (Dicrocoelium dendriticum), der bei Neuweltkameliden tödlich sein kann.

Möglichst kleines Volumen mit hoher Wirkstoffkonzentration

Agnes Dadak,  vom Institut für Pharmakologie, und Sonja Franz, von der Klinischen Abteilung für Wiederkäuermedizin entwickelten gemeinsam eine wohlschmeckende Paste, die von den Tieren gerne geschluckt und nicht ausgespuckt wird. Arzneistoffe, die bereits für andere Tierarten zugelassen sind, allerdings nicht in passender Wirkstoffkonzentration für Lamas und Alpakas am Markt sind, können in der richtigen Dosis in diese innovative Paste eingearbeitet werden.

Zur Behandlung gegen den kleinen Leberegel verabreichten die Tierärztinnen den Wirkstoff Praziquantel in Form dieser hochkonzentrierten, wohlschmeckenden Paste in einer Dosierung von 50mg/kg.  Diese äußerst hohe Dosis ist genau richtig für die erfolgreiche Behandlung dieser für Neuweltkameliden durchaus tödlichen Parasitenerkrankung. Das zeigten die Wissenschaftlerinnen in ihrer aktuellen Studie.

Schlucken ist die beste Wahl

Ein Arzneimittel über das Maul zu verabreichen, ist aus verschiedenen Gründen bei Lamas und Alpakas sinnvoll. Einerseits ist die Haut der Tiere so beschaffen, dass Medikamente nur schwer über sie aufgenommen werden.  Andererseits sind viele der benötigten Wirkstoffe nicht in Form von Injektionen verabreichbar. Viel einfacher ist daher die Verabreichung der Paste, die die Tiere auch noch gerne schlucken.

„Unsere Entwicklung ist eine wichtige und gute Lösung für diese Tiere. Wir arbeiten nun an weiteren oral zu verabreichenden Medikamenten für unterschiedliche Erkrankungen bei Lamas und Alpakas“, erklärt die Pharmakologin Agnes Dadak.

Eine Paste für die ganze Herde

Lamas und Alpakas werden in Herden gehalten. Deshalb ist es sinnvoll, bei einem Befall mit dem kleinen Leberegel, gleich den ganzen Bestand zu behandeln. Der kleine Leberegel, dessen faszinierender Entwicklungszyklus über zwei Zwischenwirte (Schnecken, Ameisen) läuft, kann so effizienter bekämpft werden. Die Paste ermöglicht eine einfache und effiziente Behandlung von gesamten Herden.

„Wir möchten unsere Erfahrung und wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kamelidenforschung den Haltern zur Verfügung stellen. Die Gesundheit der Tiere soll auf einer wissenschaftlich fundierten Basis gefördert werden“, erzählt Wiederkäuerexpertin Sonja Franz.

Die Studie „Efficacy and safety of oral praziquantel against Dicrocoelium dendriticum in llamas“ von Agnes Dadak, Claudia Wieser, Anja Joachim und Sonja Franz wurde im Fachjournal Veterinary Parasitology  veröffentlicht. http://dx.doi.org/10.1016/j.vetpar.2013.06.016



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