Gefährlicher Augenwurm breitet sich aus

(08.04.2019) In den letzten Jahrzehnten wurde in Europa der „orientalische Augenwurm“ bei Haustieren und Menschen vermehrt festgestellt. Allerdings war der Erreger von Augenkrankheiten bislang in Österreich nicht heimisch.

Eine soeben erschienene Studie der Vetmeduni Vienna erhärtet nun den Verdacht, dass sich dies in jüngster Zeit geändert hat.

Das Forschungsteam der Vetmeduni Vienna empfiehlt deshalb ÄrztInnen und TierärztInnen bei Bindehautentzündungen einen Befall mit dem „orientalischen Augenwurm“ in Betracht zu ziehen.

In den letzten 30 Jahren wurde vom „orientalischen Augenwurm“ Thelazia callipaeda in zunehmendem Maße als Erreger von Augeninfektionen bei Tieren und Menschen in ganz Europa berichtet.


Thelazia callipaeda - "orientalischer Augenwurm"

Der von speziellen Fruchtfliegen übertragene Fadenwurm befällt den Bindehautsack und die damit verbundenen Augengewebe von Haus- und Wildraubtieren, Hasen, aber auch von Menschen. Eine von T. callipaeda hervorgerufene Augenerkrankung kann eine Vielzahl klinischer Anzeichen aufweisen, die von leichten bis zu schweren Augenerkrankungen reichen.

Erster Fall einer im Inland erkrankten Katze

Nach den kürzlich in Österreich zum ersten Mal festgestellten Fällen von Thealziosen bei Hunden beschreiben die WissenschafterInnen der Vetmeduni Vienna in der vorliegenden Arbeit den ersten Fall einer T. callipaeda-Infektion bei einer österreichischen Katze ohne vorangehenden Auslandsaufenthalt.

Dieser Befund ist ein deutlicher Beleg für die Vermutung, dass der Übertragungszyklus des Parasiten mittlerweile direkt auf heimischem Boden stattfindet.

Richtige Diagnose führte zu vollständiger Heilung

Die erkrankte Katze aus Deutschlandsberg (Stmk.) zeigte serösen Augenausfluss, konjunktivale Hyperämie und ein schwaches Bindehautödem im rechten Auge.

Die mechanische Entfernung des Parasiten aus dem Katzenauge in Kombination mit einer oralen Behandlung mit Milbemycin oxim/Praziquantel und der topischen Anwendung von Tobramycin/Dexamethason-Augentropfen führte zu einer vollständigen Beseitigung der klinischen Symptome innerhalb von zwei Wochen.

Zunahme an Erkrankungen bei Mensch und Tier

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind von großer Bedeutung, da die für die Erkrankung verantwortlichen zoonotischen Parasiten in Österreich bisher weitgehend unbekannt sind.

Mitautor Georg Duscher, Stv. Leiter des Institutes für Parasitologie der Vetmeduni Vienna, betont: „Aufgrund der vorliegenden Daten ist ein verstärktes Bewusstsein bei MedizinerInnen und VeterinärmedizerInnen unerlässlich, um weitere Infektionen bei Tieren und Menschen zu verhindern.

Aktuelle Vergleichsdaten aus Spanien geben außerdem zur Vermutung Anlass, dass in den kommenden Jahren eine Ausweitung auf neue Gebiete in Österreich und eine deutliche Zunahme an Erkrankungen zu erwarten ist.“

Erreger aus dem Fernen Osten erobert Europa

Da der Fadenwurm ursprünglich in Ländern des Fernen Ostens vorkam, wird er häufig als „orientalischer Augenwurm“ bezeichnet. Allerdings wurde bereits 1989 in Italien der erste europäische Fall einer von diesem Parasiten hervorgerufenen Augenerkrankung beschrieben.

Im neuen Jahrtausend wurde T. callipaeda auch zunehmend bei Tieren aus Frankreich (2007), der Schweiz (2008), Deutschland (2010), Spanien (2011), Portugal (2012), Bosnien und Herzegowina (2014), Kroatien (2014), Serbien (2014), Rumänien (2015), Bulgarien (2016), Ungarn (2016), der Slowakei (2017) und Griechenland (2015) nachgewiesen.

Genauer Ausbreitungsweg des Parasiten noch unbekannt

Die Art und Weise, wie dieser Parasit in Österreich eingeführt wurde, ist bis dato unbekannt. Eine der möglichen Erklärungen ist, dass T. callipaeda über Reisen mit Haustieren, illegalen Handel mit Haustieren oder den Import und Export von streunenden Hunden aus Osteuropa nach Österreich gekommen sein könnte.

Ein anderes Erklärungsmodell bringt die Ausbreitung des Parasiten mit der Wanderbewegung infizierter Wildraubtiere, insbesondere Füchsen oder Goldschakal, in Zusammenhang.

Dazu Adnan Hodžić vom Institut für Parasitologie der Vetmeduni Vienna: „Die Übertragung durch Wildtiere ist ein plausibles Szenario, das die Einführung des Augenwurms in Österreich erklären könnte. Zukünftige Studien sollten sich daher auf Wildtiere konzentrieren, um deren Rolle in der Ökoepidemiologie dieses Zoonose-Parasiten zu bewerten.“

Publikation

Der Artikel „The first autochthonous case of feline ocular thelaziosis in Austria“ von Adnan Hodžić, Albert Payer und Georg G. Duscher wurde in Parasitology Research veröffentlicht. 



Weitere Meldungen

Wadenstecher ; Bildquelle: Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Wadenstecher – ein noch selten wahrgenommenes Schadinsekt in der Schweinezucht

Fliegen, so glaubt man, gehören zum Stall wie der Mistkäfer zum Misthaufen. Aber: Der Wadenstecher (Stomoxys calcitrans) – auch bekannt als Stallfliege – ist ein blutsaugender Schädling
Weiterlesen

Militärhundezentrum Kaisersteinbruch; Bildquelle: Vetmeduni Vienna

Vektorübertragene Erkrankungen bei Militärhunden des Österreichischen Bundesheeres

Militärhunde sind aufgrund des vermehrten Aufenthaltes im Freien – mehr als andere Hunde – Vektoren wie Zecken oder Stechmücken ausgesetzt. In einer  Studie der Vetmeduni Vienna wurden fast 100 Hunde untersucht
Weiterlesen

Gemeine Stechfliege (Wadenstecher); Bildquelle: M. Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Die Stechfliege: ein gefährlicher Krankheitsüberträger für Schweine

Die Gemeine Stechfliege (lat.: Stomoxys calcitrans) – auch bekannt als „Wadenstecher“ – ist weltweit verbreitet und sieht der Stubenfliege ähnlich
Weiterlesen

Ovitrap; Bildquelle: Hans-Peter Führer/Vetmeduni Vienna

Asiatische Tigermücke und Japanische Buschmücke: gefährliche neue Stechmücken werden in Tirol heimisch

In Österreich sind rund 50 Stechmückenarten bekannt – und es kommen neue potenziell invasive Arten hinzu, wie eine soeben präsentierte Studie der Vetmeduni Vienna zeigt
Weiterlesen

Erstmals wurde eine adulte Zecke der Art Hyalomma marginatum, die das Krim-Kongo-Fieber-Virus übertragen kann, in Österreich nachgewiesen.; Bildquelle: Georg Duscher/Vetmeduni Vienna

Gefährliche, subtropische Zeckenart Hyalomma marginatum erstmals in Österreich nachgewiesen

Die subtropische Zeckenart Hyalomma marginatum kann das lebensbedrohliche Krim-Kongo-Fieber-Virus übertragen. Bislang stand den mit Zugvögeln mitreisenden Larven und Nymphen unser Klima im Weg
Weiterlesen

Auch wenn in Wien im Vergleich mit dem ländlichen Raum wenig Parasiten im Hundekot zu finden sind, gilt es auf die Hygiene zu achten; Bildquelle: Susanna Berger/Vetmeduni Vienna

Studie zu Parasiten im Hundekot liefert überraschendes Ergebnis

Eine repräsentative Studie der Vetmeduni Vienna zeigt: Der Kot von Wiener Hunden enthält im Vergleich zu Vierbeinern aus dem ländlichen Raum vergleichsweise wenig Endoparasiten
Weiterlesen

Die ersten Zahlen der diesjährigen Zeckensammlung bestätigen nun die Prognose; Bildquelle: Katharina Brugger/Vetmeduni Vienna

Forschende prognostizieren: 2018 wird ein „Zecken-Rekordjahr“

Heuer könnte das Risiko höher sein, durch Zeckenbisse an FSME oder Borreliose zu erkranken. Denn 2018 wird es besonders viele Zecken geben
Weiterlesen

Jagdhunde infizieren sich häufiger mit Tularämie-Erregern als gedacht; Bildquelle: Elli Winter/moorhunde.de

Jagdhunde könnten versteckte Überträger der Infektionskrankheit Tularämie sein

Mit den bakteriellen Erregern der für Hasenartige oder Nagetiere lebensbedrohlichen Krankheit Tularämie können sich nicht nur Menschen, sondern auch Hunde infizieren
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen